„[Das künstlerische Werk Gerhard Hahns] überwindet die in unserem Denken ausgeprägte Trennung zwischen einer rational strukturierten Wissenschaft und einer intuitiv bestimmten Kunst und führt damit Traditionen der Verknüpfung von Wissenschaft und Kunst wie in der Renaissance weiter. Er knüpft an das fast euphorische Technikverhältnis des Futurismus an und verarbeitet die Readymades von Marcel Duchamp. […] Gerhard Hahn gelingt es, technische und kommunikative Grenzen auszuloten und seinem Formenwillen unterzuordnen. Verschiedene Projektarbeiten in unterschiedlichen Industrieanlagen boten die entscheidende Basis für diese Art des künstlerischen Denkens. An der Berührungsfläche zwischen Kunst und Industrie schafft er Sinnbilder eines zeitgemäßen archäologischen Schlüssels zu unserer Welt.“
Büchner, Dr. Hermann (Berlin): [Onlinetext zur Ausstellung] „Gerhard Hahn – Eisen und Ton – Skulpturen, Installationen, Zeichnungen“ in der Galerie am Wasserturm, Berlin. [Fundort (Link zuletzt überprüft am 28.4.2020)]

„[Die Ausstellung ‚Soma & Psyche‘] spannt […] den Bogen von der Steinzeit bis in eine Zukunft, die bislang nur in modernster Hochtechnologie schon Gegenwartsstatus hat – von der archaischen Schwarzbrandtechnik bis zum neuesten 3D-Druck. ‚Es war ein Abenteuer, sowohl technisch als auch künstlerisch‘, sagt Gerhard Hahn. […]

Mit Keramik- und Druckobjekten hat er eine kleine, aber beredte Ausstellung zusammengebracht, die mit zahllosen Verweisen der Exponate untereinander […] die existenziellen Fragen aufwirft: Was ist die Seele? Wo sitzt sie? Wie hängt sie mit dem Körper zusammen? ‚In einer Zeit, die von Logik und Ratio geprägt ist, sind das Körperliche und das Emotionale unterbewertet. Körper und Seele denken auch‘, meint der Künstler.

[Zu den 3D-Drucken] sagt Hahn, natürlich [habe] ihn […] fasziniert, eine technische Innovation bis an die Grenzen aller Möglichkeiten auszureizen: Die Schunk Ingenieurkeramik GmbH aus Willich hat 2015 den weltweit ersten großformatigen 3D-Pulverbett-Drucker für hochwertige Produkte aus Siliciumcarbid entwickelt. […] ‚Das Material ist fast so hart wie Diamant und bis 1500 Grad hitzebeständig‘, sagt Hahn. Im 150 mal 70 mal 70 Zentimeter großen Drucker […] ist ein dreidimensionales Objekt entstanden, das auf den ersten Blick an labyrinthische Strukturen eines Gehirns erinnert oder an einen Fingerabdruck.

In einer früheren, ebenfalls ausgestellten Keramikarbeit von Hahn findet der Betrachter die Analogie, die hier aber eher an einen Embryo erinnert. Die High-Tech-Objekte muss der Betrachter sich erarbeiten, sie von allen Seiten anschauen, in die Zwischenräume lauern. Dann wirkt die porenfreie, leicht glitzernde Oberfläche nicht wie ein vom Rechner ausgespucktes Erzeugnis: Hahn hat Unebenheiten, Ungleichgewichte, Tiefen und Strukturen errechnet. 100 Arbeitsstunden hat er für das 40 Kilo schwere Objekt, das so leicht wirkt, am Computer verbracht. […]“
Diederichs, Petra: Künstler sucht die Seele mit 3D-Drucker. Professor Gerhard Hahn zeigt Exponate in archaischer Keramik-Technik und in modernstem Hightech-Verfahren rund um die ewigen Themen Seele und Körper. […] In: Rheinische Post Krefeld, 10.1.2020